Wege raus aus dem Dunkel
Missverständnis, Unverständnis, Unwissenheit?
Missverständnis, Unverständnis, Unwissenheit?

Missverständnis, Unverständnis, Unwissenheit?

„Du warst doch eigentlich stets fröhlich“,
sagst du und dann fügst hinzu:
„Lach’ doch mal, das vermisse ich!”
Ich denke: Lass mich einfach nur in Ruh’.

„Stell dich nicht an“, sagst du.
„Ich bin ja auch mal müde,
da muss man durch“, fügst du hinzu.
Ich zieh’ mich zurück, es klingt wie ‘ne Rüge.

Wie kann ich erklären, dass ich mich bemühe?
Dass ich doch tue, was ich kann.
Dass ich eben nicht vor Energie sprühe,
im Gegenteil: Antriebslosigkeit ist dran.

Du kannst nicht verstehen, was das heißt.
Und das ist irgendwie auch gut,
denn es bedeutet, dass du nicht weißt,
was eine Depression mit dir tut.

„Geh doch mal raus, das soll echt gut sein“,
sagst du, ich weiß, du meinst es wirklich nett.
Doch fühl’ ich mich noch mehr allein,
der Drang wird stärker nach meinem Bett.

Denn ob du’s glaubst oder halt nicht,
geh’ ich fast jeden Tag mal raus.
Selbst bei Regen – ich bin nicht erpicht –
doch probiere natürlich auch das mal aus.

Doch Wunder wirken tut es alles nicht –
Ratschläge sind Fehl am Platz.
Sie versperren mir auf Dauer die Sicht,
es fühlt sich an wie ein Schlag, jeder Satz.

Denn stell dir vor, dein Bein ist gebrochen
und ich komme, guck’ dich an und sag’:
„Lauf doch mal schneller, komm nicht so angekrochen“,
du warst doch immer flott, ich hab auch mal ‘n schlechten Tag.“

„Ach ja, und helfen soll wohl dies und das –
hast du DAS schon mal probiert?
Es dauert lang, 4 Jahre fast,
da bin ich doch recht irritiert.“

„Denn normalerweise heißt es doch,
das so was schneller abheilt.
Strengst du dich nicht an, ruhst dich aus im Loch?
Ich hätte mich selbst mehr beeilt.“

So fühlt es sich an, wenn Ratschläge schmerzen,
denn nein, ich ruhe mich nicht aus.
Bin stets am Kämpfen mit ganzem Herzen,
nur ist der Weg eben lang hier heraus.

Glaub mir, ich strenge mich täglich an,
probiere aus, falle tief und stehe auf,
schäme mich oft, obwohl ich nichts dafür kann –
das Leben nimmt nun mal seinen Lauf.

Nur würd’ ich mir wünschen, es wäre okay,
ohne Stigma und Unbehagen.
Eine Gesellschaft die sagt: „Hey,
ja, psychische Erkrankungen sind schwer zu ertragen“

In der für jeden die Möglichkeit besteht
schnelle Hilfe zu bekommen;
ohne Scheu, Wartezeit und Vorurteil, das an dir klebt.
Sich verstanden fühlen und angenommen.

In der man nicht aus lauter Angst,
vor Jobverlust, Zurückweisung,
weiter arbeitet, sich ignoriert und stets verschanzt;
die Chance verspielt auf Besserung.

Denn: Seien wir ehrlich, nehmen uns die Zeit:
es geht doch einigen echt schlecht,
doch aus Angst vor Verlust sind sie nicht bereit
auf’s Bedürfnis zu hören – eigentlich ihr gutes Recht.

Fazit ist also klipp und klar:
So geht es auf Dauer niemals gut!
Wünsch’ mir, dass sich was ändert – hier und da –
und dass jeder was dafür tut.

Fragst du dich nun: „Was kann ICH schon machen?“
Na, das ist eigentlich recht einfach:
Überwinde die Angst, Scham, all die unnützen Sachen,
frag’ wen: „Wie geht’s dir?“ – frage wirklich nach.

Und damit mein ich mehr als Floskeln,
frag’ nach und wart’ auf Ehrlichkeit.
Es wird sich dabei schnell herausstellen:
Sie zahlt sich aus, die Freundlichkeit.

Denn viele antworten einfach „gut“,
nur weil es sich ´so gehört´,
doch jeder weiß, wie gut es tut,
wenn dir mal jemand zuhört.

Darum schenke jemandem deine Zeit,
du wirst ihm und dir ‘ne Freude machen.
Und hoffentlich sind bald mehr Menschen bereit,
über Schwieriges zu reden und auch mal zu lachen.

Denn wenn die Gesellschaft nur offener wäre,
nicht bloß getrimmt auf Erfolg und Leistung,
so gäb’ es mehr Sinn, Freud’ und weniger Leere;
vielleicht kommt’s mal so – ich behalte die Hoffnung…

Anmerkung:
Text: Februar, 2021.
Foto: New York, Brooklyn, 2016©Kristine.

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