Wege raus aus dem Dunkel
Ambivalenz
Ambivalenz

Ambivalenz

Wenn wir uns sehen,
fühl’ ich mich nicht wohl,
was soll ich schon erzählen?
Dein Leben läuft seit Jahren fort,
meines gefühlt nicht mehr.
Tief in mir drin, da weiß ich genau,
dass das so vielleicht nicht ganz stimmt.
Nur arbeiten kann ich halt nicht,
doch Arbeit ist ja nicht der Lebessinn.
Das ist – denk ich – mein eigenes Ich,
doch genau dort hinzukommen,
ist für mich sehr schwer.
Der Berg ist noch lange nicht erklommen,
denn ich steh’ am Anfang, von den Gefühlen her.
Doch durch die Krankheit lerne ich ‘ne Menge,
wahrscheinlich mehr als sonst wie,
schon 4 Jahre schwer krank, das dachte ich nie,
keiner, der mich drauf vorbereitet hätte.
Und dennoch schäm’ ich mich dafür,
traue mich kaum was zu erzählen,
denn was genau soll ich denn sagen?
Ich male und bin manchmal am Nähen.
Und wenn’s mir schlecht geht, zähle ich,
von 1000 bis Null runter,
immer 7 weniger,
das macht nun auch nicht munter.
Aber wenn ich dann dich begeistert höre,
wie gut doch alles läuft,
dann werd’ ich plötzlich doch sehr traurig,
denn es belastet mich.
Ja klar, ich weiß, dass auch bei dir,
nicht alles so perfekt ist,
doch irgendwie erzählt man’s kaum,
sodass ich es nicht mitkrieg’.
Ob’s daran liegt, dass du dich schämst
oder denkst, mir geht’s viel schlechter,
was es auch ist, ich mag es nicht,
Ehrlichkeit wäre viel besser.
Ja, mir geht es nicht so gut,
doch trotzdem will ich wissen,
wie dein Leben so verläuft,
ob gut oder beschissen.
Wenn ich das nicht würd’ wissen wollen,
würd’ ich dich auch nicht fragen,
wenn ich frag’ dann mein’ ich’s so,
dann kannst du alles sagen.
Denn glaub mir, ich kann viel ertragen,
du kannst mir wirklich alles erzählen,
du kannst auch gerne alles fragen,
dadurch wird’s für mich auch nicht schlimmer.
Nur eher besser,
denn dann fühl’ ich mich,
mal wieder etwas normaler,
nicht wie eine Kranke,
mit der man nicht redet
aus Angst vor einem Rückfall.
Und das, das tut mir dann wirklich gut,
ich mag das andere nicht,
es reicht mir langsam mit „besonders“ sein,
„Normalität“ wird jetzt gesucht.
Zwar will ich auch nicht sein wie alle,
doch zumindest etwas fitter,
da helfen auch offene Worte in jedem Falle,
da bin ich mir sehr sicher.
Ich weiß, dass es sehr schwierig ist,
kenn’ das Problem ja selbst,
ich will dich nur ermutigen,
wünsch’ mir ‘ne offenere Welt.

Anmerkung:
Text: März 2021.
Foto: New York, Brooklyn 2016©Kristine.

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