Wege raus aus dem Dunkel
Kampf gegen den Ekel
Kampf gegen den Ekel

Kampf gegen den Ekel

Ich will laufen, joggen oder rennen,
irgendetwas, um das Gefühl auszublenden.
Das Gefühl, einfach viel zu voll zu sein,
denn, wie viel passt in den Magen bitte rein?!
Gefühlt war die Portion viel zu groß,
das Mittagessen, der Nachtisch – wie werd’ ich sie los?
Der Drang zur Bewegung, er wird immer stärker.
Aushalten, liegen – das wird stetig härter.
Ich fühl’ mich schlecht, aufgebläht und dick,
mein Bauch schmerzt, quillt hervor, das ist doch nicht schick!?
Nein, Ekel breitet sich in mir aus:
„Wie bekomme ich die Nahrung aus mir wieder raus?“,
fragt mein Kopf laut und unaufhörlich
und ich kämpfe gegen an, unerbittlich.
Ich weiß, es gibt nur eine Möglichkeit,
die lautet: Aushalten, denn mit der Zeit
wird das Gefühl leiser, wird verschwinden,
muss mich dann nicht mehr so winden
und kann mich selbst wieder ertragen,
ohne mich unaufhörlich zu fragen,
ob ich dann später nichts essen soll;
und was lasse ich weg, womit fühl’ ich mich voll?
Wie viele Kalorien habe ich bereits gegessen
und sollte ich mich nicht mal messen?
Denn in die Breite gehe ich ohne Unterlass,
wie ich schon aussehe – einfach krass!!
Das kann doch wirklich keinem Gefallen –
höre ich die Essstörung durch meinen Kopf hallen,
bevor ich registriere, wie laut sie doch ist;
mich wieder gepackt hat mit ihrer List.
Und ich sie wieder abschütteln muss
und das – zu allem Überfluss –
mir nur schwerlich gelingen will,
denn natürlich hält sie nicht still.
Sie will mich überzeugen, sie behalten ihre Macht.
Aber, denk’ ich, es wäre doch gelacht,
wenn ich sie nicht besiegen kann.
Drum leg’ ich mich hin und fange an
zu lesen, meditieren oder Hörbuch zu hören,
dabei kann sie mich nämlich weniger stören.
Bleibe liegen und tue was ich nur kann,
um auszuhalten, den Bewegungsdrang.
Und tatsächlich, nach ‘ner Ewigkeit, so kommt es mir vor,
traut sich langsam meine innere Ruhe hervor.
Der Drang und die Stimme, sie werden vertrieben
und ich bleibe entspannt noch ‘ne Weile liegen.
Bin stolz, denn ich hab’s erneut geschafft,
auszuhalten, durchzuhalten; bin stolz auf meine Kraft .
Nur sie versetzt mich in die Lage
den Drang zu besiegen – auch die kommenden Tage.
Und diese Erkenntnis spendet mit letztendlich Trost,
denn ich weiß, bald geht’s wieder von vorne los.

Anmerkung:
Text: Klinik am Korso, Klinik für Essstörungen, Herbst 2019. Dank des 12-wöchigen Klinikaufenthaltes geht es mir mittlerweile viel besser.
Foto: Aquarell-Karte, 2021©Kristine.

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